Leistungen
Dynamisch Mechanische Analyse DMA
Mit dem Aufbau einer eigenen Dynamisch-Mechanischen Analyse haben wir die klassische Thermische Analyse komplett in unserem Labor. Thermogravimetrie (TGA) und Differenzkalorimetrie (DSC) sind seit Jahren erfolgreich bei uns im Einsatz.
Elastomere sind viskoelastische Materialien und vereinigen viskose und elastische Eigenschaften in sich. Diese Eigenschaften lassen sich ideal in dynamischen Versuchen messen – und dazu ist die DMA da.
Die DMA misst quantitativ und qualitativ:
- Viskoelastisches Verhalten und Dämpfungseigenschaften bei verschiedenen, definierten Verformungen oder Frequenzen
- Verlust- und Speichermodul bei verschiedenen, definierten Verformungen oder Frequenzen
- Fließ- und Relaxationsverhalten …
alle in Abhängigkeit von der Temperatur (-100°C bis 600°C)
Wir können nahezu alle Elastomerproben messen, egal ob es sich um ein Fertigteil, eine Prüfplatte oder ein Schadensteil handelt.
U.a. gelten für die DMA Normen wie die ISO 6721-1:2011
Die DSC misst Wärmeströme in Abhängigkeit von der Temperatur; die Änderung der Enthalpie in Temperaturabhängigkeit,
die TGA misst das Gewicht von Compounds in der gleichen Abhängigkeit.
Bei der DMA haben wir mehrere Möglichkeiten:
Messgrößen und Parameter der DMA:
- Weg; verschiedene Amplituden
- Frequenzen
- Kraft, statisch oder dynamisch
- Speicher- und Verlustmodul
- Verlustwinkel (tan δ)
Alle Größen werden in einem sehr kleinen Toleranzbereich gemessen:
Kraft max. 18N; ± 10 -5 N
Wegauflösung 1nm
Frequenz (sinusförmig) bis max. 200Hz
Messen können wir im Temperaturbereich von -100°C bis Ende Existenzbereich Polymere. Gekühlt wird mit einem Druckluftkühler.
Welche Anforderungen gibt es an die zu messenden Proben?
Fast keine!
Im Zugmodus kommen die üblichen, im Einspannbereich gekürzten Zugprobekörper (S3A, S3 etc.) zum Einsatz.
Für den Druck- und Biegemodus braucht es planparallele Proben aus Prüfplatten oder Fertigteilen.
In beiden Fällen können wir die nötigen Probendicken mit unserer Spaltmaschine einstellen.
Die Messzeiten pro Versuch sind in der Regel länger als in der TGA oder DSC. Die DMA hat ein größeres Probenkammervolumen und einen schlechten Wärmeübergang in die Probe, daher wird mit kleinen Kühl- und Heizraten gefahren.
Wir starten zunächst mit folgendem Equipment:
- Cantilever (eingespannte Biegung, einfach oder doppelt)
- Zugmodus
- Druckmodus
Damit ist der größte Teil der Messungen an Polymeren möglich.
Grob lassen sich zwei Betriebsarten der DMA unterscheiden:
I. Kriechversuche unter konstanter Last oder konstanter Verformung bei konstanten oder linear fallenden oder steigenden Temperaturen; gemessen werden dann bei konstanter Last die entstehenden Verformungen oder bei konstanter Verformung die sich ändernde nötige Kraft.
II. Dynamische Messungen bei verschiedenen Frequenzen oder Amplituden, (Temperaturen wie oben)
I)
Hier wurde an ein und derselben Probe der Zugverformungsrest und die Zugspannungsrelaxation bei verschiedenen Temperaturen ermittelt. Die DMA liefert nicht nur die entsprechende Weginformation (blaue y-Achse rechts) sondern zeichnet auch den Kraftabfall bei konstanter Verformung auf (schwarz, y-Achse links).
Das funktioniert auch im Druckmodus, wobei hier selbst an kleinsten Teilchen Messungen des Druckverformungsrests möglich sind.
Schwarz dargestellt auf der linken y-Achse ist die prozentuale Verformung (-20%), rot auf der ersten rechten y-Achse die Temperatur und blau die für die Verformung nötige Kraft auf der zweiten rechten y-Achse.
Hier wurde ein DVR in Anlehnung an VW PV 3307 bei 150°C von 10,8% gemessen – mit insgesamt etwas mehr als 4h Meßzeit.
(Bei steigenden und fallenden Temperaturen wird die Temperatur auf einer eigenen Y-Achse (rot) dargestellt; auf der Abszisse dafür einfach die Meßzeit.)
Was hier bei 150°C dargestellt ist, lässt sich genauso in der Kälte messen, als Alternative zum Kälte-DVR oder TR10, nur dass wir hier an keine Probengeometrien gebunden sind und auch sehr kleine Teilchen vermessen können.
Auch Daten dieser Art können gemessen werden:
II)
Schauen wir uns an, was wir mit dynamischen Messungen machen können.
Klassisch sehen die hier erhaltenen Kurven folgendermaßen aus:
Über der Temperatur sind hier zwei der mehreren möglichen Messdaten aufgetragen: Speichermodul als Ausdruck der elastischen Komponente und der Verlustwinkel aus Ausdruck des Verhältnisses von Speicher- und Verlustmodul. Da viskoelastische Materialien hier eine Abhängigkeit von der Verformungsgeschwindigkeit zeigen, sind hier die Daten eines EPDM-Werkstoffes für 3 verschiedene Frequenzen dargestellt. Schon in einem Frequenzbereich von zwei Zehnerpotenzen ändert sich der über tan delta bestimmte Glasübergang um 12°K. Man erkennt auch die Zunahme des Speichermoduls mit der Frequenz (grün)
Eine solche Multifrequenzmessung kann in einem Durchgang gefahren werden.
Mit den nichtlinearen Speicher- und Verlustmoduli können die für Finite Elemente Analysen nötigen Daten für die Werkstoffberechnung gewonnen werden.
Der tan delta ist ein Maß für die elastische Komponente des Materials. Ist dieser klein liegt eine hohe Elastizität vor, bei hohen Werten eine hohe Dämpfung. Dieser dimensionslose Wert indiziert mit hoher Genauigkeit die Elastizität eines Materials; wir können ihn mit einer Genauigkeit von 10-4 messen.
Warum tan delta?
Wird ein Polymer, das ja aus langen Molekülketten besteht deformiert, reagieren die Ketten mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung auf die einwirkende Kraft durch eine Umorientierung. Diese Beweglichkeit ist temperaturabhängig. Bei sehr tiefen Temperaturen ist die Beweglichkeit eingefroren: der Glaszustand. Bei steigenden Temperaturen nimmt die Beweglichkeit zu. Sehr langsamen Deformationen können die Ketten gut durch Umorientierung folgen. Bei sehr schnellen Deformationen reicht die Zeit nicht mehr aus und das Material scheint verhärtet. Der tan delta und der Glasübergang nehmen mit steigender Frequenz zu.
Veranschaulichung des Phasenversatzes zwischen einwirkender Deformation und Reaktion der viskoelastischen Probe:
Weitere Fragen:
Bernd Sprenger (bernd.sprenger(at)o-ring-prueflabor.de)